Dicke Böcke, neue Freunde, keine Kosten
Wer als junger Jäger jagdlich was erleben will, hat es nicht immer leicht. Eigentlich braucht man für jede Jagdreise vor allem eins: ein dickes Portemonnaie. Aber was tun, wenn man das nicht hat aber trotzdem mal etwas erleben möchte?!
Das World-Wide-Web bietet eine Menge Möglichkeiten. Auf Seiten wie Exchangehunt, kann man heute kostenlos Jäger aus der ganzen Welt kennenlernen und mit diesen Jagdmöglichkeiten, auf so ziemlich jede bejagbare Wildart der Erde ermöglichen.
Alles was man dazu braucht, ist eine Jagdmöglichkeit, ein paar Englischkenntnisse und Lust auf ein Abenteuer.
Denn man reist unter Umständen in ein Land, in dem man nur eine Person kennt und diese auch nur über einpaar Emails oder Facebook Nachrichten.
Belohnt wird das ganze am Ende aber mit unvergesslichen Jagderlebnissen, neuen Freunden und mit etwas Glück sogar mit kapitalen Trophäen.
Mein Bruder und ich lernten über die oben genannte Internetseite Henry kennen. Einen jungen Engländer, der direkt an der schottisch-englischen Grenze wohnt. Er ist Farmer, Weltenbummler und vor allem ein passionierter Jäger und Hundeführer.
Er ist unkompliziert und sein Englisch vergleichsweise leicht verständlich. Einfach ein netter Kerl. Auf seiner Exchangehunt-Seite sieht man Bilder von wirklich starken Böcken, guten Niederwildstrecken und gefangenen Lachsen.
Jetzt fragt man sich: was soll man so einem Mann bieten?! Einen dicken Rothirsch, eine Gams oder doch einen Muffelwidder?! Von wegen! Nach einigen E-mails stellt sich heraus, alles was er gerne jagen möchte, sind Sauen und einen Waschbären, gern auch einen Marderhund.
Im Tausch bietet er uns einen starken Rehbock. Wir schlagen ein, per Facebookmessenger (!) und lassen Henry zur Weizenmilchreife 2016 für 5 Tage anreisen.
Per Flugzeug kommt der Insulaner dann zu uns. Selbstverständlich holen wir ihn vom Flughafen in Berlin ab. Per Nachricht hatten wir ihm schon erklärt, dass wir im Sommer keine ausgewachsenen Waschbären erlegen können da diese Junge haben. Damit hat er aber kein Problem, denn auch ein Jungwaschbär reiche ihm.
Anders als wir zum Beispiel, möchte er keinen Balg mit nach Hause nehmen, sondern nur ein Foto. Er möchte in seinem Jägerleben möglichst viele Wildarten strecken, ob alt oder jung, kapital oder schwach ist ihm dabei völlig egal.
Eine interessante Sichtweise auf die Jagd, die auf den ersten Blick wirklich ungewöhnlich scheint. Aber warum nicht. Fakt ist, bei der Tauschjagd lernt man nicht nur völlig andere Einstellungen zur Jagd kennen, sondern man erweitert vor allem seinen eigenen Horizont.
Und so geht’s mit Henry auf den Ansitz. Da er natürlich keine Erfahrung mit der Schwarzwildjagd hat, begleiten wir ihn auf jeden seiner Ansitze. Das ist für uns selbstverständlich, denn nur so können wir sicher sein, dass am Ende nicht doch eine Bache oder eine führende Waschbärin liegt.
Wir haben den Zeitpunkt für Henrys Ankunft perfekt gewählt, der Weizen ist gerade so richtig interessant. Die ersten Schäden sind in den Flächen zu entdecken, welche wir jetzt bejagen wollen.
Außerdem haben wir eine Kirrung für ihn angelegt, welche wir mit Wildkamera überwachen. Dort kommt seit Tagen jeden Abend eine Waschbärin mit ihren Jungen. Also kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Perfekte Vorbereitung ist da natürlich alles, schlecht wäre es, einen Gast kommen zu lassen und dieser hat dann nicht mal Anblick. Es bleibt zwar Jagd aber man muss seinem Gast schon was bieten.
Alles in allem haben wir Henry eine ereignisreiche Woche ermöglicht. Er erlegte mit uns seinen Jungwaschbären und 3 Sauen. Beim Pirschen überschoss er sogar noch einen wirklich starken Keiler. Nach der Woche reißt er schweren Herzens wieder ab und verspricht, dass er nochmal zu Besuch kommt. Doch vorher erfüllt er noch seinen Teil der Abmachung.
Und dieser Teil sah wie folgt aus: April 2017; Gerold reist zu ihm, um mit ihm auf 2 gute Böcke aus seinem Revier zu waidwerken. Gerold liebt Rehböcke und war gleich fasziniert von den englischen Böcken.
Deswegen setzte er sich im April in den Flieger und versuchte nun sein Glück. Zwar nicht mit 1:1 Führung da unser Gastgeber arbeiten musste aber das war ja auch nicht notwendig. Denn einen Bock ansprechen kann man ja als deutscher Jäger.
Und so kam es, dass Henry die besten Stellen seines Reviers offenlegte und Gerold diese auf eigene Faust bejagen durfte. Dazu bekam er ein Fahrrad und eine Waffe. Mehr braucht man, in seinem von Hecken durchzogenem Revier, auch nicht.
Die geplanten 5 Jagdtage vergingen abermals wie im Fluge und als Gerold sich in den Flieger von England zurück nach Berlin setzte, hatte er 2 hochkapitale Böcke im Handgepäck.
Echte Traumtrophäen, mit einer tollen unvergesslichen Geschichte.
Und das Beste daran?! Das ganze Jagderlebnis war mit knapp 250€ für den Flug sogar für einen Schüler erschwinglich, außerdem hat man seine Sprachkenntnisse nochmal gefestigt.
Das ist Tauschjagd – so erfüllt man sich Träume!
Als nächstes wollen wir uns einen Elch ertauschen. Ob wir das hinbekommen wird sich zeigen, doch wir sind optimistisch.